Leipzig, Deutschland – 13. Oktober 2025.
Timo Werner und RB Leipzig – eine Beziehung, die Höhen und Tiefen erlebt hat, geprägt von Rekorden, Rückschlägen und unerschütterlicher Leidenschaft. Nun steht die Partnerschaft erneut im Fokus, denn Leipzigs Cheftrainer betonte in einem Interview, dass Werner weiterhin eine wichtige Rolle im Team spielen könne – auch wenn sich seine Position und Aufgaben innerhalb der Mannschaft verändern müssten. Die Aussage „Er kann seine Rolle verändern“ klingt nach einer nüchternen Analyse, doch sie ist weit mehr als das: Sie ist eine Einladung an einen einstigen Publikumsliebling, seine Karriere auf neue Weise zu definieren.
Werner, der 2020 nach Chelsea wechselte und 2022 zu RB Leipzig zurückkehrte, hat seit seiner Rückkehr unterschiedliche Phasen erlebt. In seiner ersten Leipziger Zeit war er der unaufhaltsame Sprinter, der gefürchtete Konterstürmer, der Mann für die entscheidenden Tore. In der Premier League dagegen kämpfte er oft mit Selbstvertrauen und Effizienz. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland sollte er wieder an seine alte Form anknüpfen – ein Plan, der nur teilweise aufging. Verletzungen, Formschwankungen und die Entwicklung junger Spieler wie Benjamin Šeško, Xavi Simons und Lois Openda sorgten dafür, dass Werners Rolle immer wieder neu interpretiert werden musste.
Doch genau hier setzt der Leipziger Trainer an. Auf die Frage nach der Zukunft Werners im Kader antwortete er: „Er kann seine Rolle verändern. Es geht nicht immer darum, 90 Minuten auf dem Platz zu stehen. Timo hat Erfahrung, Tempo und ein Gefühl für den Raum – Qualitäten, die in verschiedenen Spielsituationen und Mannschaftsphasen wertvoll bleiben.“
Diese Worte sind ein Zeichen der Wertschätzung, aber auch eine Aufforderung zur Anpassung. Denn im modernen Fußball bedeutet „Rolle verändern“ nicht, an Bedeutung zu verlieren. Vielmehr heißt es, neue Wege zu finden, um den eigenen Einfluss zu bewahren.
Werner selbst weiß, wie sich der Fußball verändert hat. Früher war seine Stärke das Spiel in die Tiefe – das blitzschnelle Laufen hinter die Abwehr, das präzise Abschließen in offenen Räumen. Doch die Bundesliga hat sich gewandelt: Gegner stehen tiefer, Räume sind enger, und Leipzig selbst hat mit Marco Rose ein komplexeres Positionsspiel entwickelt. In diesem System muss jeder Spieler nicht nur Läufer, sondern auch Denker sein.
„Natürlich ist es nicht einfach, wenn man weniger spielt“, sagte Werner kürzlich in einem Interview. „Aber ich weiß, was ich kann. Ich möchte der Mannschaft helfen – egal ob als Starter oder von der Bank.“
Diese Haltung ist es, die ihn für den Trainer so wertvoll macht. Erfahrung, Teamgeist und die Fähigkeit, mit schwierigen Phasen umzugehen, sind im heutigen Profifußball selten gewordene Tugenden. Leipzig steht in dieser Saison erneut in mehreren Wettbewerben – Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League – und braucht jeden Spieler, der bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, auch wenn sie sich in einer neuen Form zeigt.
Die Worte des Trainers sind somit auch eine klare Botschaft an den gesamten Kader: Jeder kann wichtig sein, unabhängig von Spielminuten. Leipzig setzt auf Rotation, taktische Flexibilität und Charakterstärke. Werner verkörpert dabei den Typ Spieler, der in entscheidenden Momenten den Unterschied machen kann – sei es durch ein spätes Tor, eine Vorlage oder schlicht durch seine Präsenz in der Kabine.
Ein Blick auf seine Laufbahn zeigt, wie oft Werner sich schon angepasst hat. Als Jugendspieler beim VfB Stuttgart begann er als klassischer Flügelstürmer, bevor ihn Ralf Rangnick in Leipzig in die Sturmspitze stellte – eine Entscheidung, die seine Karriere prägte. Unter Julian Nagelsmann wurde er taktisch variabler, lernte das Kombinationsspiel und die Rückwärtsbewegung besser zu verstehen. Bei Chelsea musste er sich in einem völlig neuen Umfeld behaupten, gegen physisch starke Premier-League-Verteidiger und den enormen medialen Druck. Diese Erfahrungen haben ihn geprägt – nicht nur als Spieler, sondern auch als Persönlichkeit.
Heute, mit 29 Jahren, ist Werner kein ungestümer Youngster mehr, sondern ein erfahrener Profi, der die Mechanismen des Geschäfts versteht. Sein Wert für Leipzig liegt nicht nur in Toren, sondern auch im Beispiel, das er jüngeren Spielern gibt. Er ist jemand, der den Druck kennt, der das Tragen eines großen Namens versteht, aber auch weiß, wie man mit Kritik umgeht.
„Wenn du älter wirst, lernst du, das Spiel anders zu sehen“, sagte Werner in einem früheren Gespräch. „Manchmal geht es nicht darum, selbst zu treffen, sondern darum, den richtigen Laufweg zu machen, damit ein anderer trifft.“ Diese Worte zeigen, dass er längst begonnen hat, seine Rolle im Team neu zu definieren – als Spieler, der denkt, lenkt und unterstützt.
Für den Trainer ist genau das entscheidend. Leipzig will ein Team formen, das in jeder Spielsituation flexibel reagieren kann. Und Werner, mit seiner Mischung aus Geschwindigkeit, Erfahrung und taktischem Verständnis, ist ein Werkzeug, das in dieser Toolbox nicht fehlen darf. Seine Fähigkeit, in unterschiedlichen Rollen – ob als Mittelstürmer, Flügelspieler oder zweite Spitze – einzuspringen, macht ihn weiterhin wertvoll.
Auch die Fans stehen hinter ihm, selbst wenn seine Torquote nicht mehr an frühere Zeiten heranreicht. Denn sie wissen, dass Werner ein Teil der Leipziger Geschichte ist – der erste Superstar des Vereins, der aus einem ambitionierten Projekt eine feste Größe im europäischen Fußball machte. Viele erinnern sich an seine glanzvollen Spiele gegen Bayern, Dortmund oder Tottenham, als er mit Tempo und Entschlossenheit Gegner schwindelig spielte.
Doch Fußball lebt nicht nur von Erinnerungen, sondern von Entwicklung. Und genau das scheint Werner zu verstehen. „Ich weiß, dass ich noch etwas beizutragen habe“, sagte er zuletzt. „Vielleicht anders als früher, aber immer mit dem gleichen Ziel: zu gewinnen.“
Das Vertrauen des Trainers, gepaart mit Werners Bereitschaft zur Veränderung, könnte für beide Seiten ein Gewinn sein. In einer Zeit, in der viele Spieler bei geringer Einsatzzeit unzufrieden werden oder Wechsel fordern, zeigt Werner eine Haltung, die man fast als „old school“ bezeichnen könnte – Loyalität, Geduld, Teamdenken.
Leipzig steht sportlich vor einem entscheidenden Jahr. Der Kader ist tief, die Konkurrenz groß, doch das Ziel bleibt dasselbe: Titel. Und in solchen Phasen sind erfahrene Spieler wie Werner Gold wert. Denn Erfahrung lässt sich nicht trainieren – sie wird in den Momenten sichtbar, wenn Spiele auf der Kippe stehen und jemand Ruhe, Übersicht und Führungsstärke ausstrahlt.
